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Beleidigung des Vermieters berechtigt zur außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung

Gemäß § 569 BGB kann eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB nur dann ausgesprochen werden, wenn ein so genannter wichtiger Grund hierfür vorliegt. In der Regel muss einer außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund zwingend eine Abmahnung vorausgehen. Sollte Vorgenanntes nicht beachtet werden, ist unter Umständen die Kündigung unwirksam, da dem Mieter nicht die Gelegenheit gegeben worden ist, sein vertragswidriges Verhalten einzustellen.

 

 

Eine Abmahnung ist daher nur in ganz seltenen Ausnahmefällen entbehrlich. Häufigster Grund für eine Kündigung ohne notwendige vorherige Abmahnung ist der Zahlungsverzug gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 3a und b BGB oder die Nichtzahlung der vertraglich vereinbarten Kaution, welche ebenfalls einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 569 Abs. 2a BGB darstellt.

 

Zu Zeiten des angespannten Wohnungsmarktes kommt es aber auch immer mehr vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen den Mietern untereinander und insbesondere auch zwischen Mietern und Vermieter. Der zwischenmenschliche Umgang sollte daher zwischen Mieter und Vermieter immer gewahrt bleiben. Eskaliert der Sachverhalt und der Mieter beleidigt beispielsweise den Vermieter und es kommt zusätzlich zu einem körperlichen Übergriff, so stellt dies regelmäßig sogar eine Straftat dar, welche eine fristlose Kündigung des Vermieters ohne vorausgehende Abmahnung rechtfertigt. Bei der gerichtlichen Durchsetzung des Räumungsanspruchs nach einer Kündigung wird der Sachverhalt aber immer einer richterlichen Einzelfallprüfung unterzogen. So auch kürzlich im Verfahren mit anschließendem Urteil des AG München vom 11.03.2022 zu Aktenzeichen 473 C 9473/21.

 

In dem vorbezeichneten Fall hat das AG München entschieden, dass ein Beschimpfen des Vermieters durch einen Mieter im Beisein anderer Hausbewohner mit „Halt die Fresse“ den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Durch die Anwesenheit mehrerer Mieter, welche nicht Partei des Rechtsstreits waren, konnte problemlos der klagende Vermieter den Kündigungsgrund auch beweisen. Grund der Auseinandersetzung war der Sachverhalt, dass die beklagte Mieterseite unstreitig entgegen der Hausordnung Fahrräder im Hausflurbereich abstellte. Dies führte wiederum zu Beschwerden von anderen Mietern, welche aufgrund der abgestellten Fahrräder mit dem Kinderwagen nicht mehr passieren konnten. Die in ihrer Passage eingeschränkten Mieter baten daher den Vermieter, gemeinsam den störenden Mieter aufzusuchen und um Abhilfe zu bitten. Leider eskalierte dieses klärende Gespräch und führte zu den streitgegenständlichen Beleidigungen und Äußerungen. Hinzu kam, dass einer der Bewohner den Vermieter am Oberkörper berührte, sodass dieser auch noch ausweichen musste. Der Vermieter erstattete aufgrund dessen Strafanzeige und kündigte das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos.

 

Letztendlich gab das AG München dem klagenden Vermieter Recht und verurteilte sämtliche vier Mieter dazu, die Wohnung zu räumen und an den Vermieter zurückzugeben. Nachvollziehbar führte das Amtsgericht München dazu aus, dass die Formulierung „Halt die Fresse“ eine Kundgabe der Nichtachtung und Missachtung darstelle und die Ehre des Vermieters herabwürdige. Hinzu kam der tätliche Angriff gegen den Vermieter, sodass der Vermieter tiefgreifend und nachvollziehbar das Vertrauen in die ordnungsgemäße Fortführung des Mietverhältnisses verlieren musste, mithin der Ausspruch der Kündigung als wirksam erachtet wurde. Mit dieser Begründung erkannte das Amtsgericht auch darauf, dass eine vorangegangene Abmahnung nicht erforderlich gewesen ist.

 

Insbesondere beachtlich ist auch, da in dem vorliegenden Fall nur einer der vier in der Wohnung befindlichen Mieter ausfällig geworden ist, der Räumungsanspruch auch die übrigen drei Mieter traf. Das Verschulden des einen Mieters wird automatisch auch den anderen Bewohnern zugerechnet, da die Leistungen – Gebrauchsgewährung der Wohnung – an alle Mieter unteilbar ist. Eine Teilkündigung gegenüber einem von mehreren Mietern ist immer unzulässig.

 

Vermietern sei dennoch angeraten, dass bei einer im Raum stehenden außerordentlichen Kündigung immer vorab geprüft wird, ob eine Abmahnung notwendig ist oder nicht. Im Zweifelsfall sollte aber eine Abmahnung immer in Betracht gezogen werden.

 

(Quelle) juris Nachrichten

Sowie Pressemitteilung des AG München Nr. 10/2022 vom 11.03.2022