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Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit auf die im übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit einer GbR auch bei Verlusten

Der Bundesfinanzhof hat mit einem Urteil vom 30.06.2022, das nunmehr veröffentlicht wurde, entschieden, dass auch bei Verlusten aus einer gewerblichen (Teil)tätigkeit eine Umqualifizierung der ansonsten vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR erfolgt, wenn die sogenannte Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtumsätze überschritten wird. Damit ändert der Bundesfinanzhof seine bisher diesbezüglich vertretene Rechtsauffassung.

Der zugrundeliegende Fall

 

In dem zu entscheidenden Fall klagte eine GbR, die ihre Einkünfte aus der Verwaltung und Vermietung von Grundstücken zur Einkünfteerzielung bezog. Die GbR errichtete auf einem der durch sie verwalteten und vermieteten Grundstücke eine Fotovoltaikanlage und erzielte im Streitjahr aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage als auch den weiteren Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung einen Verlust. Der erzielte Gesamtumsatz betrug 113.484 €, wovon 8.472 € auf die Fotovoltaikanlage und 105.012 € auf die Vermietung entfielen. Damit betrug der Umsatzanteil der Fotovoltaikanlage am Gesamtumsatz rund 7,5 %.

 

Das Finanzamt veranlagte daraufhin die gesamten Einkünfte (also auch die Vermietungseinkünfte) der GbR als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dagegen legte die GbR Einspruch ein, der jedoch ebenso ohne Erfolg blieb wie die anschließende Klage beim Finanzgericht. Auch der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück. Damit gab der Bundesfinanzhof offen seine ursprünglich vertretene Rechtsauffassung aus dem Urteil vom 12.04.2018 auf.

 

Gesetzliche Regelung

 

Gesetzlicher Hintergrund ist die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 EStG. Danach gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, KG oder anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Nr. 2 EStG bezieht. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Gewinn oder ein Verlust erzielt wird. Erzielt also eine vermögensverwaltende Personengesellschaft auch nur teilweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb, so werden dadurch automatisch sämtliche Einkünfte dieser Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert.

 

Bagatellgrenze

 

Weil dies nach dem gesetzlichen Wortlaut theoretisch bereits bei einem Euro gewerblicher Einnahmen greift, wurde von der Rechtsprechung eine sogenannte Bagatellgrenze entwickelt, die auch von der Finanzverwaltung anerkannt ist, was in den entsprechenden die Verwaltung bindenden Richtlinien niedergelegt ist. Nach dieser Bagatellgrenze tritt eine Umqualifizierung nicht ein, wenn der auf die gewerblichen Einkünfte entfallende Umsatzanteil nicht mehr als 3 % der Gesamtumsätze der Gesellschaft beträgt und darüber hinaus einen Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigt.

 

Da im vorliegenden Fall jedoch 7,5 % des Gesamtumsatzes auf die gewerblichen Einkünfte aus der Fotovoltaikanlage entfielen, war die Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtumsätze überstiegen. Damit kam es zur gesetzlichen Folge der Umqualifizierung sämtlicher Einkünfte der GbR.

 

Anwendbarkeit auch bei Erzielung eines Verlusts

 

Noch in einem Urteil aus 2018 hatte der Bundesfinanzhof die Auffassung vertreten, dass das Überschreiten der 3 % Grenze nicht zur Umqualifizierung von Einkünften aus vermögensverwaltender Tätigkeit in gewerbliche Einkünfte führe, wenn aus der gewerblichen Tätigkeit ein Verlust erzielt werde. Aufgrund einer zwischenzeitig erfolgten Gesetzesänderung, die auch rückwirkend anzuwenden sei, habe der Gesetzgeber jedoch dokumentiert, dass auch ein Verlust zu der sogenannten Infektion der weiteren Einkünfte führt. Damit ist die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus 2018 überholt.

 

Fazit

 

Das Thema der Infektion vermögensverwaltender Einkünfte durch die Erzielung teilweise gewerblicher Einkünfte ist daher mehr denn je zu beachten. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die entsprechende Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine spezielle Vorschrift für Personengesellschaften ist. Nicht davon betroffen sind Einzelpersonen oder Kapitalgesellschaften. Gerade im Hinblick darauf, dass regelmäßig bei dem Betreiben größerer Fotovoltaikanlagen oder auch Blockheizkraftwerken gewerbliche Einkünfte erzielt werden, steht daher die Gefahr der Infektion von nichtgewerblichen Vermietungseinkünften immer im Raum und ist gegebenenfalls durch entsprechende Gestaltung zu vermeiden.