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Mietertausch in einer WG

Aufgrund des knappen Wohnraums und einhergehenden hohen Mieterzahlen hat es sich nicht nur in Universitätsstädten eingebürgert, dass verschiedene meist jüngere Mieter eine Wohngemeinschaft gründen. Eine Wohngemeinschaft ist jedoch meist darauf angelegt, dass einzelne Mitglieder der Wohngemeinschaft unterschiedliche Interessen gerade im Hinblick auf die Laufzeit des Mietvertrages haben. Ein solcher Mietvertrag wird in der Regel aber unbefristet abgeschlossen. Genau aus diesem Umstand ergeben sich dann eine Reihe von rechtlichen Problemen, insbesondere dann, wenn nur ein WG-Mitglied von mehreren das Mietverhältnis beenden möchte. Der BGH hat sich mit einem solchen Teilaspekt der Problematiken mit Urteil vom 27.04.2022 zu Aktenzeichen ZR 304/21 auseinandergesetzt.

 

Grundsätzlich hat der Bundesgerichtshof in seinen Leitsätzen des Urteils ausgeführt, dass für den Fall, dass keine spezifischen Regelungen im Vertrag hinsichtlich des Austauschs einzelner Mitglieder der Wohngemeinschaft enthalten sind, dennoch eine interessengerichte Auslegung hinsichtlich eines Anspruchs gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel vorzunehmen ist, jedoch allein schon aus dem Umstand, dass der Mietvertrag mit mehreren Mietern abgeschlossen worden ist, nicht auf einen derartigen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien geschlossen werden kann, dass ein Anspruch gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel besteht.

 

Der dem Fall zugrunde liegende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Der Vermieter vermietete eine relativ große Wohnung an mehrere Personen. Dabei war von Anfang an klar, dass die Mieter eine WG begründen wollten. Mehrere Mieter wollten im Nachgang aus dem Mietvertrag ausscheiden. Gleichfalls sollte eine gleichlautende Anzahl von Neumietern in die WG einziehen. Der Vermieter verweigerte jedoch die Aufnahme der neuen Mieter in den neuen Mietvertrag. Daraufhin klagten die verbliebenen Mieter auf Zustimmung zur Aufnahme.

 

Erstinstanzlich gab das Amtsgericht Berlin Charlottenburg mit Entscheidung vom 17.08.2020 der Klage statt. Hiergegen wehrte sich der Vermieter mittels Berufung und dies auch mit Erfolg. Nachvollziehbar wurde dies mit dem Argument begründet, dass der Vermieter sich dann mutmaßlich auf alle Zeit zum WG-Modell vertraglich verpflichtet hätte, mithin mit der Folge, dass die jeweiligen WG-Mitglieder immer neue Generationen von neuen WG-Bewohnern erzeugen können. Des Weiteren führte das Landgericht an, dass die Interessen der Mieter auch dadurch geschützt seien aufgrund der Möglichkeit, Untermietverträge zu schließen.

 

Seit Jahren wird das Thema des Anspruchs auf Austausch einzelner Mieter in einer WG kontrovers diskutiert. So hat beispielsweise das Landgericht Darmstadt zu Aktenzeichen 6 S 21/19 darauf erkannt dass eine Wohngemeinschaft grundsätzlich den Austausch einzelner Mieter vom Vermieter verlangen kann. Gleichlautend hat eine andere Kammer des LG Berlin zu Aktenzeichen 65 S 314/15 ebenfalls einen Anspruch auf Auswechselung einzelner Mieter bejaht.

 

In dem vorliegenden Fall bejahte der BGH die Auffassung des Landgerichts Berlin zu Aktenzeichen 64 S 261/20 mit Entscheidungsdatum vom 18.08.2021, dass eine WG gerade nicht ohne weiteres Mieter austauschen kann gerade im Hinblick auf das Argument der möglichen Untervermietung. Des Weiteren argumentierte der BGH wie die Vorinstanz, dass allein aus dem Umstand, dass ein Vertrag von Anfang an mit mehreren Mietern im Rahmen einer Wohngemeinschaft gebildet würde, sich nicht automatisch ableiten lasse, dass ein Anspruch auf einen Mieterwechsel begründet werde. Auch sah der BGH den Umstand problematisch für den Fall einer Bejahung eines Austauschsanspruchs, dass die jeweils ausscheidenden Mieter nicht mehr für Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis haften und unberechtigt die neu eintretenden Mieter von immer länger werdenden Kündigungsfristen und möglicherweise geringere Miete als bei einer Neuvermietung profitieren könnten.

 

Sollte von den Parteien eine Fluktuation der Mieter gewünscht sein, so sollte dies auch explizit im Mietvertrag hinein formuliert werden. Wenn von Anfang an eine solche Formulierung nicht mit im Mietvertrag enthalten ist, ist selbstverständlich auch eine nachträgliche einvernehmliche Vereinbarung immer möglich.