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Zulässige Selbsthilfe bei zugeparkter Ausfahrt

Einen nahezu täglich vorkommenden Sachverhalt hatte das Amtsgericht München zu entscheiden. Mit Urteil vom 13.06.2018 zu Aktenzeichen 132 C 2617/18 hat das Amtsgericht darauf erkannt, dass der Mieter einer Garage mittels besitzrechtlicher Selbsthilfe ein die Ausfahrt versperrendes Fahrzeug selbst beiseite schieben darf und der Eigentümer des störenden Autos keinen Anspruch auf Ersatz des Schadens hat, welcher eventuell beim Wegschieben fahrlässig verursacht worden ist.

Folgender Sachverhalt liegt dem Urteil zu Grunde:

Der Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges parkte sein Fahrzeug, einen älteren automatikgetriebenen VW Sharan, samt Anhänger zunächst in einer Einfahrt, welche zugleich eine Feuerwehrzufahrtzone darstellte, und somit auch im absoluten Halteverbot ab. Dabei versperrte das Gespann die vollständige Zufahrt zum Hof bzw. Abfahrt vom Hof. Der Kläger verließ samt Helfer das Fahrzeug. Das minderjährige Kind des Klägers verblieb jedoch im Fahrzeug. Der im Verfahren Beklagte wollte als Mieter seiner Garage nunmehr den Hof befahren, um selbst berechtigterweise sein Fahrzeug in der dort befindlichen angemieteten Garage abzuparken. Der Beklagte gab sich zum im Weg stehenden Auto, um den Fahrer aufzufordern, zur Seite zu fahren. Als er jedoch feststellte, dass in dem Fahrzeug kein Fahrer vorhanden war, die Fahrzeugtür nicht verschlossen war und der Schlüssel nicht steckte, stellte der Beklagte das Automatikgetriebe vom Parkgang auf Normalgang und schob das Fahrzeug samt Anhänger nach vorne und so zur Seite, um die Einfahrt frei zu bekommen. Die Handbremse wurde durch den Beklagten nachfolgend angezogen. Der Beklagte befuhr dann mit seinem Fahrzeug das Gelände und in seine Garage. Als der Kläger zum Fahrzeug zurückkam, hatte der Kläger beim Weiterfahren bemerkt, dass das bis dahin wohl funktionierende Getriebe durch das Schalten bei abgezogenem Zündschlüssel beschädigt worden sei. Für die Reparatur mussten ca. 1300 € aufgewandt werden.

Das Amtsgericht München hat die Klage gegen den Beklagten auf Schadenersatz zu vorgenannter Höhe abgewiesen.

Als Begründung führt das Amtsgericht an, dass als Anspruchsgrundlage einer Schadenersatzpflicht allenfalls aus einer deliktischen Anspruchsgrundlage (§ 823 BGB) beruhen könne. Diese setzt aber zwingend ein Verschulden voraus, mithin also eine Vorwerfbarkeit und damit eine Widerrechtlichkeit des als schadensbegründenden geltend gemachten Verhaltens. Hieran fehlt es, so das Amtsgericht. Das Verhalten des Beklagten wäre durch ein sogenanntes Selbsthilferecht gedeckt und deswegen nicht widerrechtlich gewesen. Der Kläger selbst habe den Beklagten durch die Blockierung der Zufahrt das Besitzrecht an seiner Garage erheblich gestört und sei deswegen zur Beendigung der Störung auch berechtigt gewesen. Der Beklagte habe somit die Beseitigung der Störung selbst vornehmen dürfen. Das Amtsgericht München führte zwar aus, dass das Selbsthilferecht gewisse Schranken in Form eines Übermaßverbotes unterliege. Dieses sei aber hier nicht überschritten. Das Amtsgericht München stufte das Verhalten des Beklagten lediglich nur als fahrlässig ein und verneinte die Vorwerfbarkeit. Auch dem Einwand der Klägerseite, dass der Beklagte hätte abwarten müssen, konnte das Amtsgericht nicht folgen. Es führte aus, dass nur wenn sicher ersichtlich sei, dass die Besitzstörung sofort behoben werde, also der gestörte Besitzer mit der Beseitigung der Störung nicht schneller sein würde als der Störer, ein Abwarten zu fordern wäre. Dies war für den Beklagten jedoch nicht ersichtlich, da das im Auto sitzende Kind des Störers meinte, dass es nicht wisse, wann der Vater zurückkommen werde.

Das Urteil ist zwischenzeitig rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichts München Nummer 5/2019 vom 18.01.2019 sowie juris – das Rechtsportal/Nachrichten