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Klie & Sieber

Regelmäßige Fachbeiträge

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Wenn ein Gegenstand teilweise zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die den Vorsteuerabzug zulassen und andererseits zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug nicht zulassen, so ist die Vorsteuer – also die gezahlten Umsatzsteuerbeträge – nur für den Teil abziehbar, der wirtschaftlich denjenigen Umsätzen zuzurechnen ist, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dies bedeutet wiederum, dass eine Aufteilung der Vorsteuer nach einem sachgerechten Schlüssel vorzunehmen ist. Über den Aufteilungsschlüssel, welcher sachgerecht ist, wird bei Gebäuden immer wieder gestritten.

 

Aufteilungsmaßstab

 

Ausgangspunkt der Aufteilung ist oft das Verhältnis der Flächen von verschiedenen Gebäudeteilen zueinander. Berechtigt also die Vermietung einer Fläche zum Vorsteuerabzug, während dies für eine andere Fläche desselben Gebäudes nicht der Fall ist, so kann im Grundsatz ein Flächenschlüssel als Aufteilungsmaßstab herangezogen werden.

 

Mit einem im Frühjahr 2021 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.11.2020 (Aktenzeichen IX R 7/20) hat der Bundesfinanzhof jedoch seine auch bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach eine Aufteilung nach Flächenschlüssel dann nicht zulässig ist, wenn in gemischt genutzten Gebäuden erhebliche Unterschiede in der Ausstattung zwischen den einzelnen Gebäudeteilen bestehen. In diesem Fall ist eine Aufteilung der Vorsteuer nach einem objektbezogenen Schlüssel erforderlich. Hierzu ist im Regelfall die Höhe der jeweiligen Umsätze als Aufteilungsschlüssel heranzuziehen.

 

In dem entschiedenen Fall ließ die Klägerin in den Jahren 2009 und 2010 ein Gebäude errichten, welches später verschiedenen Verwendungszwecken dienen sollte. Ein Teil des Gebäudes sollte umsatzsteuerpflichtig an einen Supermarktbetreiber und ein anderer Teil umsatzsteuerfrei an eine Seniorenwohnanlage vermietet bzw. verpachtet werden. Der Bundesfinanz entschied, dass aufgrund der erheblichen Unterschiede, die zwischen den Gebäudeteilen Supermarkt und Seniorenheim bestehen, ein Umsatzschlüssel und nicht ein Flächenschlüssel für die Vorsteueraufteilung heranzuziehen ist.

 

Diese Rechtsprechung sollten Steuerpflichtige insbesondere bei der Herstellung von Gebäuden im Auge behalten, wenn teilweise eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug vorliegt. Der Umsatzschlüssel führt in nicht wenigen Fällen dazu, dass auf den Teil, welcher zum Vorsteuerabzug berechtigt, sogar ein höherer Anteil an Vorsteuer entfällt und somit die Aufteilung für den Steuerpflichtigen günstiger ist, als nach dem Flächenschlüssel.

 

Wann werden bei Gebäudevermietung bzw. -verpachtung überhaupt Umsatzsteuerthemen relevant?

 

Grundsatz: Grundstücksvermietung ist umsatzsteuerfrei

 

Einmal mehr möchte ich darauf hinweisen, in welchen Fällen es zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung kommt bzw. in welchen Fällen eine solche möglich ist.

 

Im Grundsatz ist gemäß § 4 Nr. 12 UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerfrei.

 

Gesetzliche Ausnahmen

 

Hiervon gibt es einerseits wichtige gesetzliche Ausnahmen: Nicht befreit sind die Vermietungem von Wohn-und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Liegt eine dieser Ausnahmen vor, so kommt Umsatzsteuerfreiheit nur noch im Rahmen der Grenzen der sogenannten Kleinunternehmerregelung in Betracht.

 

Optionsrecht zur Umsatzsteuer

 

Daneben besteht für den Vermieter ein sogenanntes Optionsrecht, auf die Umsatzsteuerfreiheit von Vermietungseinkünften zu verzichten. Diese Option wiederum darf der Vermieter nur gemäß § 9 Abs. 2 UStG dann ausüben, wenn der Leistungsempfänger – also der Mieter – das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Mieter selbst muss also vorsteuerabzugsberechtigt sein und selbst umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen. Dabei wird der Begriff „ausschließlich“ im Gesetz dahingehend verstanden, dass der Mieter zu mindestens 95 % Leistungen erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

 

Mischfälle

 

Liegen diese Voraussetzungen für ein Gebäude eben nur zum Teil vor, dann kommt es zu den anfangs angesprochenen Aufteilungsberechnungen.

Hierzu ist jedoch noch klarzustellen, dass es zur Aufteilung immer nur für diejenigen Aufwendungen kommt, die nicht vollständig und eindeutig entweder dem zur Ausführung umsatzsteuerpflichtiger Leistungen oder dem zur Ausführung umsatzsteuerfreier Leistungen genutzten Gebäudeteil zugeordnet werden kann. Vorrangig, das heißt vor der Aufteilungsberechnung, sind diejenigen Aufwendungen auszuscheiden, die eindeutig einer der beiden Sphären zugeordnet werden können. Kann eine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden, dann besteht für diese eindeutig zuordenbaren Aufwendungen der volle Vorsteuerabzug, wenn die Zuordnung dem umsatzsteuerpflichtig genutzten Gebäudeteil zuzurechnen ist.

 

Zeitablauf

 

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass es nach Zuordnung der Aufwendungen noch einen zehnjährigen Nachbetrachtungszeitraum gibt. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse im Hinblick auf deren Umsatzsteuerpflichtigkeit, dann erfolgt insgesamt zehn Jahre lang für die verbleibenden Jahre innerhalb des Zehnjahreszeitraums eine Vorsteuerkorrektur, d.h. gegebenenfalls anfangs gezogene Vorsteuer muss anteilig zurückgezahlt werden bzw. noch nicht gezogene Vorsteuer kann noch nachträglich geltend gemacht werden, je nachdem ob der umsatzsteuerpflichtig genutzte Anteil steigt oder sinkt.