Das Bundesverfassungsgericht stellt erneut die Grundsteuer auf den Prüfstand
In der dritten Kalenderwoche 2018 hat das Bundesverfassungsgericht zu der Frage verhandelt, ob die Grundsteuer in Deutschland und insbesondere deren Basis, nämlich die Bewertung, verfassungsgemäß ist.
Wo liegt das Problem? Die Grundsteuer wird in einem komplizierten Verfahren berechnet und erhoben. Ausgangspunkt dafür ist eine Bewertung aller Grundstücke und Gebäude in Deutschland. Die derzeit genutzten Bewertungen sind bereits viele Jahre her und auch nicht flächendeckend nach derselben Methode erfolgt. So ist für Grundstücke in den sogenannten alten Bundesländern der nach dem Bewertungsgesetz festgestellte Einheitswert von 1964 maßgebend, für land- und forstwirtschaftliche Betriebe in den neuen Bundesländern der sogenannte Ersatzwirtschaftswert nach Wertverhältnissen 1964, für Grundstücke in den neuen Bundesländern, für die nach dem damaligen Bewertungsgesetz ein Einheitswert nach den Wertverhältnissen des Jahres 1935 festgestellt ist, dieser Einheitswert von 1935 und für vor 1991 entstandene Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser in den neuen Ländern, für die kein Einheitswert aus 1935 existiert, die sogenannte Ersatzbemessungsgrundlage der Wohn- oder Nutzfläche.
Aus dem anzuwendenden Wert hat das Finanzamt im Rahmen des Einheitswertbescheids bzw. Ersatzwirtschaftswertbescheids den Steuermessbetrag festzusetzen, der dann für die jeweilige Gemeinde Grundlage für die Grundsteuerberechnung ist. Da für verschiedene Grundstücke diverse Bewertungsmaßstäbe zum Einsatz kommen, gibt es auch für die Berechnung des Steuermessbetrags verschiedene Verfahren. So wird dieser für Grundstücke in den alten Bundesländern mit einem Faktor von 2,6 bzw. 3,5 ‰ multipliziert, für Grundstücke in den neuen Ländern wird ein Faktor von 5 bzw. 10 ‰ angesetzt und für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft 6 ‰.
Genau dieser bunte Strauß bei der Berechnung gab immer wieder Anlass dazu, die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer infrage zu stellen. In den dazu bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hat dieses jeweils entschieden, dass die Grundsteuer (noch) verfassungsmäßig sei. In dem nun zur Entscheidung vorliegenden Verfahren, gibt es jedoch ernsthafte Bedenken, auch seitens der Politik, dass das Verfassungsgericht auch von der gegenteiligen Auffassung überzeugt sein und die Grundsteuer in ihrer jetzigen Ausgestaltung als verfassungswidrig erachten könnte.
Aufgrund dieser Befürchtungen hat der Bundesrat im Dezember 2016 einen Gesetzentwurf eingebracht, der das bisherige System der Einheitswerte als Grundlage für die Grundsteuer ablösen soll. In dem Entwurf ist angestrebt, einen sogenannten Kostenwert über alle Immobilien in Deutschland zu ermitteln. Letztlich ist man sich weitestgehend einig, dass – auf welcher Methode auch immer basierend – eine Neubewertung sämtlicher Immobilien auf aktuellen Stichtag erforderlich werden wird.
Derzeit ergehende Einheitswertbescheide für Grundstücke und für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden durch die Finanzverwaltung bereits vorläufig nach § 165 der Abgabenordnung hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des inländischen Grundbesitzes verfassungsgemäß sind, erlassen. In allen aktuellen Einheitswertbescheiden ist durch die Vorläufigkeit daher dafür gesorgt, dass auf das Ergebnis des in einigen Monaten zu erwartenden Urteils reagiert werden kann.
Wir dürfen gespannt sein, wie die Entwicklung in dieser Richtung weitergeht. Die Mieterverbände jedenfalls versuchen, auf eventuelle künftige Regelungen dahingehend einzuwirken, dass nach deren Ansicht die Grundsteuer nicht mehr vollständig auf Mieter umlegbar sein soll. Seitens der Eigentümerverbände wird dem widersprochen und auf den Objektcharakter der Grundsteuer verwiesen, dem es im Ergebnis entspricht, die tatsächlichen Nutzer der Flächen mit der Steuer zu belasten.
Zuletzt bleibt noch der praktische Hinweis auf eine Erlassvorschrift im Grundsteuergesetz, die nicht allen Eigentümern regelmäßig bekannt ist. So ist bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken die Grundsteuer zu 25 % zu erlassen, wenn aus der Immobilie eine Minderung des normalen Rohertrags von mehr als 50 % eingetreten ist und der Steuerschuldner die Minderung nicht zu vertreten hat. Bei einer Minderung des normalen Rohertrags um 100 %, ist die Grundsteuer sogar in Höhe von 50 % zu erlassen.
Die vorgenannte Regelung kann daher insbesondere dann interessant sein, wenn Vermieter deutliche Mietausfälle hinnehmen müssen, die sie nicht selbst zu vertreten haben.