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Klie & Sieber

Regelmäßige Fachbeiträge

Vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude

Nicht selten streiten sich Immobilieneigentümer nach Erwerb von Gebäuden mit den Finanzbehörden über die korrekte Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude.

Weshalb kommt es darauf jedoch überhaupt an?

Zum einen ist der auf das Gebäude entfallende Anteil des Kaufpreises die Bemessungsgrundlage für die Gebäudeabschreibung. Das bedeutet, dass ein bestimmter Anteil des Kaufpreises wegen der Abnutzung des Gebäudes jedes Jahr steuermindernd angesetzt werden kann, wenn das Gebäude zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Auf der anderen Seite kann der Kaufpreisanteil, der auf den Grund und Boden  entfällt, nicht abgeschrieben werden. Soweit also der Kaufpreis auf das Grundstück entfällt, hat dieser steuerlich keine Auswirkung. Dazu kommt, dass im Privatbereich keine Wertaufholung stattfindet und – nach einer Haltedauer von mindestens 10 Jahren – Veräußerungsgewinne steuerfrei vereinnahmt werden können, so dass eine höhere Abschreibung während der Haltedauer eine echte Steuerentlastung darstellt, die auch beim Verkauf im Normalfall nicht zu einer Nachversteuerung führt.

Außerdem spielt die Höhe des auf das Gebäude entfallenden Kaufpreisanteils eine Rolle, wenn die Grenze der Erhaltungsaufwendungen zu ermitteln ist, die bei Überschreiten innerhalb von drei Jahren nach Erwerb zur Annahme anschaffungsnaher Herstellungskosten führt. Grundsätzlich sind Erhaltungsaufwendungen sofort steuerlich abzugsfähig (bzw. nach einem Wahlrecht auf bis zu 5 Jahre zu verteilen). Wenn jedoch innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung mehr als 15 %, bezogen auf den Gebäudekaufpreis an Erhaltungsaufwand in das Gebäude investiert werden, dann sind diese Kosten nicht mehr sofort abziehbar, sondern müssen über die Abschreibung geltend gemacht werden. Dies bedeutet im Privatbereich eine Geltendmachung über die Zeitdauer von 40 oder 50 Jahren.

Beide genannten Beispiele führen dazu, dass Immobilienkäufer steuerlich zumeist grundsätzlich ein Interesse daran haben, den Anteil am Kaufpreis, der auf das Gebäude entfällt, möglichst hoch ausfallen zu lassen. Im Mai dieses Jahres hat die Finanzverwaltung ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus September 2015 zur allgemeinen Anwendung übernommen, in dem die Leitlinien entschieden wurden, wonach eine zwischen Verkäufer und Käufer im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung bindend ist oder nicht.

Es gehört nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Immobilienkaufvertrages, dass sich Verkäufer und Käufer offen darüber einigen, wieviel des Kaufpreises auf Grund und Boden und wieviel auf ein erworbenes Gebäude entfällt. In vielen Verträgen ist daher nur eine Gesamtsumme ausgewiesen. Fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung, muss die Kaufpreisaufteilung anhand einer Bewertung erfolgen, wobei diese sich grundsätzlich nach dem Bewertungsgesetz richtet und auf eine Menge statistische Daten zurückgreift, die nicht unbedingt die Einzelheiten des individuellen Objekts berücksichtigen und nicht selten zu einer für den Steuerpflichtigen nachteiligen Aufteilung führen. Das Finanzamt zieht sich in diesen Fällen regelmäßig darauf zurück, eine Bewertung nach einer  anerkannten Bewertungsmethode durchzuführen und dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu eröffnen, einen anderen Wert durch ein Sachverständigengutachten eines öffentlich vereidigten und bestellten Sachverständigen vorzulegen. Je nach Größe des Objekts stellen solche Gutachten jedoch einen erheblichen Aufwand und damit deutliche Kosten dar.

Zur Lösung dieses Problems bietet es sich daher an, bereits im Rahmen des Immobilienkaufvertrages mit dem Verkäufer eine Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden sowie Gebäude zu vereinbaren und offen im Vertrag auszuweisen.

Der Bundesfinanzhof hat erneut bestätigt, dass die in einem Immobilienkaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung grundsätzlich auch der Besteuerung zu Grunde zu legen, das heißt vom Finanzamt anzuerkennen ist. Allein das allgemein vorhandene Interesse des Käufers, die Wertverhältnisse zu seinen Gunsten zu verschieben, rechtfertigt noch nicht, eine solche zivilrechtliche Kaufpreisaufteilung grundsätzlich nicht anzuerkennen.

Der Bundesfinanzhof stellt jedoch auch klar, dass eine solche Vereinbarung steuerlich nicht bindend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs vorliegen. Jedenfalls hat im Streitfall eine konkrete Prüfung des EInzelfalls – auch durch ein Finanzgericht – zu erfolgen. Dabei nennt der Bundesfinanzhof folgende Leitlinien:

Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es nicht ohne weiteres, diese anstelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten lediglich zu schätzen. Bei einer solchen Diskrepanz liegt lediglich ein Indiz vor, dass die vertragliche Aufteilung gegebenenfalls nicht die realen Werte wiedergibt, wobei ein solches Indiz auch durch andere Indizien wieder entkräftet werden könne. Es seien die Gesamtumstände des Kaufobjekts aufzuklären und dahingehend zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichungen nachvollziehbar erscheinen lassen.

Dabei ist zum Beispiel an besondere Ausstattungsmerkmale des Gebäudes zu denken, dessen ursprüngliche Baukosten oder etwaige Renovierungen, eine gegebenenfalls eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder den Wohnwert des Gebäudes im Kontext der Nachbarschaft (Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage). Parallel dazu seien besondere Kriterien des Grundstücks zu berücksichtigen, wie etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störender Baumbestand.

Zusammenfassend stellt der Bundesfinanzhof fest, dass eine Korrektur der von den Parteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude lediglich dann geboten sei, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Gerade dann, wenn die individuellen Verhältnisse des Kaufobjekts sich in den statistischen Bewertungsverfahren oder im Bodenrichtwert nicht niederschlagen, lohnt es sich daher, eine die realen Verhältnisse abbildende konkrete Aufteilungsvereinbarung in den Kaufvertrag aufzunehmen.

 

Ole Klie

Rechtsanwalt & Steuerberater